Offener Brief an Redaktionen

Liebe Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen,

anlässlich der Berichterstattung über die Ausweitung der Einstiegsoffensive von Neue Wege möchten wir keine korrigierende Presseerklärung schreiben, sondern Sie einfach nur bitten, angebliche Erfolgsmeldungen des Optionsbetriebs nicht kritiklos zu übernehmen.

Was sagt es denn beispielsweise aus, wenn behauptet wird, dass bis zu 50% der Teilnehmer an der Einstiegsoffensive in Arbeit vermittelt werden konnten? Weshalb stellt niemand die Frage, in was für eine Art von Arbeit – und ob die Betroffenen davon leben können?

Was sagt es aus, dass Neue Wege bei der Qualifizierung von Arbeitslosen einen Schwerpunkt im Gesundheits- und Sozialwesen legen will? So was kann nicht als Erfolgsmeldung, sondern angesichts der Situation im Sozial- und Gesundheitswesen nur als Drohung verstanden werden, denn: Weshalb stellt niemand die Frage, welche Qualifikation beispielsweise ein von Neue Wege geschulter „Betreuungsassistent für Demenzkranke“ wirklich hat, ob er von seinem Job ohne Alimentierung durch Hartz IV leben kann, wie qualifiziert er Kranke zu pflegen überhaupt in der Lage ist – und welche wirklich qualifizierten und vernünftig bezahlten Arbeitsplätze er verdrängt, bzw. durch solche Alibi-Jobs eingespart werden? Wir wünschen jedenfalls niemandem von Ihnen, dass er später einmal auf die Pflege eines solchen Betreuungsassistenten angewiesen sein wird.

Und dann: Weshalb bricht ein Journalist nicht spontan in heiteres Gelächter aus, wenn er hört, dass Neue Wege ein Beschwerdemanagement eingerichtet hat, das direkt der Leitung von Neue Wege unterstellt ist, anstatt das als ernsthafte Meldung zu bringen?

Es geht uns nicht darum, die Einstiegsoffensive als solche in Grund und Boden zu kritisieren. Sie enthält auch viele positive Elemente. Aber ein bisschen mehr Skepsis gegenüber einer Institution, die trotz Ihrer monatlicher Erfolgsmeldungen die Zahl der von ihr verwalteten Arbeitslosen seit Jahren bei rund 8000 Bedarfsgemeinschaften hält, würde uns freuen. Wobei die Höhe der Zahl nicht an Neue Wege, sondern am Arbeitsmarkt liegt: Wo es keine Jobs gibt, kann man eben auch mit noch so wohlklingenden Begriffen keine Arbeitslosen vermitteln.

Schönen Gruß – Andere Wege

Dieser Brief wurde an die regionalen Redaktionen verschickt.

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